Der zerbrochene Krug

Immer mal wieder kann man im Konstanzer Stadttheater was erleben. So auch am 19.02.2016 bei der Aufführung von Heinrich von Kleists Zerbrochenen Krug. Wenn Zuschauer den Saal verlassen und gerufen wird, der Regisseur möge die Schauspieler endlich erlösen, weiß man, dass Theater noch provozieren kann. Das ist gut.

In der Tat wurde auch mir etwas unwohl, als die Schauspieler begannen, nackt über die Bühne zu springen und die Kulissen niederrissen. Aber ich war hellwach, wie wohl jeder im Saal. Das ganze Stück schien eher eine Dekonstruktion des Kleist’schen Lustspiels zu sein. Der hochgelobte Text wurde gelangweilt oder übertrieben pathetisch rezitiert, ohne irgendeine Zuordnung zu den Schauspielern. Jeder spielte jede Rolle, völlig wahllos, dafür aber aufs Feinste kostümiert. Es erinnerte ans Absurde Theater und Dada 2.0 schoss mit durch den Kopf.

Erst im Nachhinein erschloss sich so etwas wie ein Bezug zum Stück. Wenn es Kleist darum ging, wie hinter der Fassade biedermeierlicher Innerlichkeit das Grauen dieser Welt lauert und durch den Gerichtsprozess ans Tageslicht befördert wird, dann wurde dieser Aspekt seeeeehr plakativ auf die Bühne gebracht. Und zeigt dabei im Übrigen auch Aktualität.

Ob hier nun das Stück vergewaltigt wurde, sei dahingestellt. Ich bin mal auf andere Kritiken gespannt. Auf jeden Fall hat es mir gefallen, Schauspieler dabei zu erleben, wie sie exzessiv schauspielern. Manchmal können die Darsteller in Konstanz über sich hinauswachsen und am letzten Freitag war es mal wieder so.

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