Gerron

Schicksal eines Regiefanatikers

Ungeplante Erlebnisse sind oft die bereicherndsten. Es war Zufall, dass wir gestern in „Gerron“ gelandet sind. Eigentlich stand „Momentum“ auf meinem persönlichen Spielplan, es fiel aber wegen der plötzlichen Erkrankung von Ingo Biermann aus. Wir hatten nur zwei Minuten um vom großen Haus in die Werkstatt zu wechseln und zum Glück hatte ich keine Ahnung, worum es in Gerron ging und musste schnell entscheiden, um die letzten Plätze zu sichern.

Zum Glück deshalb, weil erst, als das Stück begonnen hatte und ich André Rohde als Gerron mit Judenstern auf der Bühne sah, mir klar wurde, dass es an diesem Abend um die Grauen des Dritten Reichs gehen würde. Auch die Holzkonstruktion auf der Bühne entpuppte sich damit als KZ-Verschlag. Ich bin nicht immer aufnahmebereit für solchen Stoff. Besuche in KZ-Gedenkstätten führen einem stets vor Augen, wie grauenhaft Menschen sein können und wie viel Leid sie einander zugefügt haben. Ich muss mich erst innerlich darauf einstellen, bevor ich mich dem aussetze. Dazu kommt meine Sorge, dass das Thema für irgendeine Agenda missbraucht wird.

Weiterlesen

Der brave Soldat Schwejk

Die Öde der Geschlechtslosen

Ich will es gleich klarstellen: Ich fand die Aufführung langweilig. Andere Premierenbesucher haben es höflicher gesagt, etwa in dem Sinne, dass das erste Drittel ganz interessant gewesen sei, aber es sich dann doch gezogen habe. Das mit dem ersten Drittel ist richtig, es ist eigentlich immer richtig. Denn am Anfang sieht man viel Neues auf der Bühne. Diesmal beispielsweise das gelungene Bühnenbild von Ursula Gaisböck: Ein überdimensionaler Clownshut und große rote Puschel auf dem Boden verstreut. Auch Johanna Link im knallroten Strampler als Soldat Schweijk ist zunächst interessant anzusehen und Rudolf Hartmann ist ein bemerkenswerter Anblick, wenn er in Kampfuniform und Reifrockgestell Schifferklavier spielt und dazu singt. Doch wenn sich die ersten Eindrücke gesetzt haben, kommt es auf das Stück und seine Inszenierung an. Und die hat wohl auch dem Premierenpublikum nicht so ganz zugesagt; der sonst immer sehr überschwängliche Applaus war etwas verhalten. Wie gesagt, ich fand es vor allem langweilig.

Weiterlesen