(Obwohl für den Lärm auf dem Münsterplatz lieferte die Nationalmannschaft vier sehenswerte Gründe)
Vielleicht hatte Shakespeare so überlegt: Nehmen wir mal das dümmste Liebespaar, das beim ersten Anblick zusammenklebt und dann nehmen wir das superschlaue Paar, das sich vor lauter Selbstverliebtheit immer weiter abstößt. Für die einen machen wir ein paar Intrigen, sodass die Hochzeit versemmelt wird, für die anderen ersinnen wir eine List, die sie gegen ihren Willen an den Altar führt. Dazu ein Haufen spitzzüngiger Dialoge, ein bisschen Romantik und ein Happy End – fertig ist der Schenkelklopfer.
Ob Shakespeare geglaubt hätte, dass man seine Komödie 500 Jahre später immer noch aufführen kann? Wohl eher nicht. Wobei, so ganz einfach kann man den Stoff heute nicht mehr auf die Bühne bringen. Das liegt aber nicht daran, dass die Zuschauer wegen der vielen unterschiedlichen Geschlechter, die es heute gibt, vor Shakespeares biologistischer Weltsicht sich rätselnd den Kopf kratzen würden, wie Forscher vor ägyptischen Hieroglyphen. Das liegt eher daran, dass der Plot letztlich reichlich plump ist.
Ich habe mir wieder den Spaß gemacht, auf YouTube andere Inszenierungen anzuschauen. Da kommt man nicht an der Verfilmung von Kenneth Branagh aus dem Jahr 1993 vorbei. Wenn man sich ein paar Ausschnitte anschaut, kann es einen nur Grausen, so trieft der Kitsch und schleimt das Klischee. Unglaublich, wie etwas nach dreißig Jahren so alt aussehen kann. Auch die anderen Aufführungen, die ich so gefunden habe, waren entweder schlapp oder überdreht.
Verglichen damit, ist das Team Becker einem guten Plan gefolgt. Dem gebotenen Spektakel aus hervorragenden Kostümen von Luis Graninger und gelungenen Gesangs- und Tanzeinlagen gelingt es, die ansonsten drohenden Durststrecken des Stoffs zu überbrücken. Genau die richtige Mischung für meinen Geschmack. Wobei, man natürlich einwenden mag, dass nach der, in meinen Augen unnötig langen, Coronapause, die Ansprüche etwas gesunken sein könnten. Aber, den Einwand wischen wir einfach beiseite, genauso wie die von Maëlle Giovanetti genial verkörperte Beatrice jeden Gedanken an einen gleichwertigen Partner beiseiteschnippt. Giovanetti versprüht eine Spiel- und Lebensfreude, die ihre Mitstreiter auf der Bühne zeitweise schon etwas farblos erscheinen lässt.
Also: ein sehr solides Unterhaltungsprogram am Münsterplatz und eine gute Fortsetzung des von Christoph Nix etablierten Formats. (Wo war er überhaupt?) Dem Publikum schien es gefallen zu haben, die mit Coronaabstand aufgestellten Stuhlreihen ließen den Applaus nicht branden, sondern tröpfeln.
Aber man darf ja was wünschen. Ein wenig mehr Liebe hätte ich schon gern gespielt gesehen. Pauline Werner und Miguel Jachmann hätten ihren Figuren Hero und Claudio mehr Glaubwürdigkeit einhauchen können. Bei Hero ist das vielleicht schwierig, sie sagt eigentlich zu allem nur immer Ja und Amen, aber Claudio muss die ganze Achterbahn männlicher Verliebtheit und Enttäuschung durchleben. Jachmanns hysterisches Gekreische ist zwar lustig, schüttet aber den Tiefgang des Charakters unnötig zu.